Ablauf der Verpaarung

 

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Vorbereitungen

Über die Anzeichen des männlichen Adultstadiums habe ich im letzten Abschnitt und auch mehrfach in anderen Rubriken dieser Homepage ausführlich berichtet. Das adulte weibliche Stadium einer Vogelspinne ist je nach Art durch Färbung, Größe oder Alter festzustellen. Hierzu erkundige man sich über die Anzeichen für die Fortpflanzungsfähigkeit der gehaltenen Art. – Angaben findet man sicher im Internet aus Artenbeschreibungen und Zuchtberichten. Sichergestellt werden muss allerdings auch weiterhin, dass das weibliche Tier nicht bei der Verpaarung vor einer baldigen Häutung steht. Mit einer Häutung würden die Spermien des Männchens, welche sich nach gelungener Zusammenführung im weiblichen Geschlechtsteil (Spermathek) befinden, verloren gehen. Die Spermathek wird ebenfalls bei der Häutung samt Inhalt mit der Exuvie abgelegt. Deshalb warten viele Hobbyzüchter auch, bis sich das vorgesehene Weibchen frisch gehäutet hat, wenn der Status der nächsten bevorstehenden Erneuerung unsicher ist. Wegen der Aushärtung des neuen Exoskeletts und anschließender Fütterung beginnt man nicht früher als nach ca. vier bis sechs Wochen mit den ersten Paarungsversuchen. Man füttere sein Weibchen vorab sehr gut und großzügig, gern auch mehrfach in kürzeren Abständen. So wird das Risiko für den VS-Bock (nicht die korrekte aber eingebürgerte Bezeichnung für reifegehäutete Männchen) wesentlich verringert, vor oder nach der Verpaarung im Abdomen des Weibchens zu landen. Auch benötigt das weibliche Tier für das anschließende Reifen der Eier in ihrem Abdomen, den danach bevorstehenden Kokonbau und für die Zeit bis zum Schlüpfen der Jungspinnen ausreichend Energievorräte. Nur wenige Tiere nehmen nach dem Bau eines Kokons und vor dem Schlüpfen der Jungtiere noch Nahrung auf. – Ich habe allerdings schon oft erfolgreich bei einzelnen Exemplaren während der Kokonpflege gefüttert. Dies ist zwar eher die Ausnahme, doch bei Arten, die allgemein als verfressen gelten, durchaus auch nicht völlig unüblich.

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Ablauf der Verpaarung

Ist das weibliche Tier nun ausreichend gut gefüttert, setzt man das Männchen in das angestandene Terrarium des Weibchens, in keinem Falle bitte umgekehrt!!! Dies wäre völlig widernatürlich, da die Männchen in der Natur zu den Wohnhöhlen bzw. Gespinsten der Weibchen wandern und nicht umgekehrt. – Zur Vorsicht sollte man eine lange Futterpinzette oder ähnliches zur Hand haben, um die beiden Tiere im Notfall zu trennen. Da das Weibchen zu Beginn der Verpaarung oft sehr heftig vorgeht, ist es aber reine Nervensache, ob und wann man in dieser Phase eingreift. Das Weibchen sollte sich beim Einsetzen des Männchens in ihrem bevorzugten Rückzugsraum (Gespinst, Röhre, Höhle) befinden. Das Männchen wird mit gutem Abstand zum Unterschlupf abgesetzt. Es wird nun nach dem Weibchen suchen und sobald es etwas Gespinst der Angebeteten unter die Füße bekommt durch Trommeln mit den Tastern und Beinen signalisieren was es möchte. Ist die Angebetete willig, wird sie ihren Unterschlupf verlassen und sich dem Werber nähern. Dies kann langsam oder wie erwähnt sehr stürmisch geschehen. Leider lässt sich dann ihre Absicht oft nicht wirklich vorhersehen. Greift man zu früh ein, verhindert man gegebenenfalls eine erfolgreiche Verpaarung. Greift man zu spät ein, ist das Männchen zur Beute eines unwilligen Weibchens geworden. Also kühlen Kopf bewahren! Vielleicht kennt man ja einen Vogelspinnen- und Verpaarungserfahrenen im Bekanntenkreis, der einem während der Verpaarung beisteht und dem man in dieser Phase die Pinzette zum Trennen überlässt. – Verpaarung bleibt aber immer ein Risiko, egal wie erfahren man ist. Also bitte dann nicht dem hilfsbereiten Bekannten die Schuld geben, wenn der Liebesakt an diesem Punkt mit dem Ableben des Männchens endet.

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Bei einer willigen und stürmischen Auserwählten wird nun das Männchen mit seinen Vorderbeinen diese abwehren und mit weiterem Trommeln besänftigen. Hierbei werden die mit der Reifehäutung ausgebildeten sogen. Schienbeinharken an den ersten Vorderbeinen (Tibia Apophysen) in die Chelizeren (Kieferklauen) des Weibchens eingehakt. Danach stemmt das Männchen die Partnerin in die Höhe und führt mit Tastern und den sich daran befindlichen sogenannten Bulben seine Samenflüssigkeit in die Spermathek auf der Unterseite des Abdomens ein. Hier bleibt das Sekret nun gespeichert bis zur eigentlichen Eiablage, welche erst nach Wochen oder Monaten zusammen mit dem Kokonbau stattfindet.

Sobald nun das Männchen vom der Begatteten ablässt und die Kieferklauen wieder frei gibt, folgt erneut eine kritische Phase. Nun könnte die Beglückte dazu übergehen, den Partner als Hochzeitsmahl zu verspeisen. Wohlweislich ergreifen viele Männchen danach sofort panikartig die Flucht. 

siehe Video

Link: Verpaarungsversuch

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In diesem Video kommt es allerdings erst gar nicht zur Begattung! 😉

Dafür aber in diesem! Hier ist die Dame allerdings der aktive Part.

siehe Video

Link: Verpaarung

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Wenn nun die Braut ihren Bräutigam verfolgt oder dieser sich zu langsam zurückzieht, sollte man auf jeden Fall das Weibchen mit der Pinzette oder ähnlichem blockieren bzw. sanft abwehren. An diesem Punkt ist es offensichtlich, dass man Eingreifen muss, ganz im Gegensatz zum geschilderten Paarungsbeginn. Trotzdem könnte die Vogelspinnendame schneller als die Pinzette sein. Ist es einmal um den Bock geschehen, lasst dem Schicksal seinen Lauf, dies liegt nun einmal in der Natur dieser Tiere. Das Männchen wird als Energievorrat für die bevorstehende Aufzucht vom Weibchen verspeist und erfüllt somit seinen letzten Lebenszweck. Hier ist aber wieder zu sagen: alles kann, nichts muss passieren! Bei einigen Arten folgt auch das Männchen dem Weibchen in seinen Unterschlupf und sie leben eine kurze Weile friedlich zusammen, wobei es öfter zur Verpaarung kommen kann. Da diese Tiere aber keine Ehe- oder Aufzuchtgemeinschaft bilden, fehlt der Gatte in solchem Fall irgendwann immer. Spätestens kurz vor dem Kokonbau wird er zur Nahrung für die Gattin.