Gedanken zur Hobbyzucht

 

Gedanken über die Nachzucht

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Allgemeines

Ist die Geschlechtsreife bei männlichen Tieren erlangt, bilden diese sekundäre Geschlechtsmerkmale aus. Es entwickeln sich an den Tastern die Bulben und viele Arten tragen sogenannte Schienbeinharken. Man spricht bei dieser Häutung unter Haltern von der „Reifehäutung“. In den meisten Fällen ist dies die letzte Häutung einer männlichen Spinne. Hiermit nähert sich bei den Männern ihr Lebensende, da die Fortpflanzung in diesem Stadium ihr eigentlicher Lebenszweck ist. In der Natur begeben sie sich auf die Suche nach begattungswilligen Weibchen und legen dabei oft sehr große Wegstrecken zurück. Diese Reise ist voller Tücken und Gefahren. Es lauern zahlreiche Fressfeinde oder eine Begattung endet mit dem Weg in den Magen einer Angebeteten. Viele männliche Tiere stellen mit oder kurz nach der Reifehäutung gleichfalls das Fressen komplett bis zu ihrem Ableben ein. Dieses Ende ist spätesten nach der Zeit bis zur eigentlich nächsten Häutung erreicht. In der Regel beträgt diese Spanne ungefähr ein Jahr. Weibliche Spinnen leben nach der Geschlechtsreife allerdings lustig und munter weiter, verpaaren und häuten sich auch weiterhin regelmäßig (siehe Rubrik „Häutung/Wachstum/Lebenserwartung“).

Es ist also mit der Geschlechtsreife der Männchen die Zeit gekommen als Halter an eine Verpaarung zu denken. Denkt man selber nicht daran, wird euch euer Männchen durch sein Verhalten sicher zuverlässig daran erinnern. – Die Männchen bauen nun ein sogenanntes Spermanetz, in dem sie ihr Fortpflanzungssekret abgeben, um es dann mit den Bulben, die sich an Tastern mit der Reifehäutung ausgebildet haben, wieder aufzunehmen. Zum Akt der Fortpflanzung muss nun der dort gespeicherte Samen in die Spermathek des Weibchens auf der Unterseite des Abdomens eingeführt werden.

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Sobald die Bulben gefüllt sind, wird das VS-Männchen unablässig nach einer Partnerin suchen. In Gefangenschaft wird er hierzu dauerhaft und ständig das Terrarium durchstreifen und versuchen irgendwie heraus zu kommen. Ein oft sehr unschönes Schauspiel, sollte man selber nicht verpaaren können oder wollen. – Da oft ebenfalls nun auch keine Nahrung mehr aufgenommen wird und die Tiere mit der Zeit auch sichtbar altern, ist dies ein Treiben und ein Siechtum, dem man nicht gerne zusieht. Viele Halter, die nicht selbst verpaaren, entschließen sich daher, ihr Männchen zur Fortpflanzung weiterzugeben. Eigentlich auch die einzige sinnvolle Lösung der Misere, zumindest auf den ersten Blick.

“Inflationäre Nachzuchten”

Pflegt man eine Art, welche bereits lange im Hobby nachgezüchtet wird und aus dessen Kokon eine sehr hohe Zahl an Nachkommen zu erwarten ist, macht eine Verpaarung auch nicht wirklich Sinn. Mehrere dutzende, hunderte oder sogar über tausende Nachkommen sind je nach Art üblich. In freier Natur erreichen nur wenige Tiere ihr Erwachsenenalter. Selbst in den für diese Tiere sehr günstigen Habitaten sind die Ausfälle erheblich. Hingegen in der Terrarienhaltung kommen Ausfälle bei sachgemäßer Pflege eher wenig vor. – Diese Nachkommen müssen nach erfolgreicher Züchtung auch die Chance haben, neue Besitzer finden zu können. Bei manchen Arten gelingt einem dies selbst mit guten Kontakten zur Vogelspinnen-Szene kaum noch, selbst wenn man die Tiere im großen Stil verschenkt und verramscht. Man spricht dann bei Haltern von sogenannten „inflationären Nachzuchten“.

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Sollte man also selber verpaaren wollen und können, muss man sich zwangsläufig vorher ein paar Fragen stellen. Nicht nur über das „wie“, sondern besonders auch um die eigene Situation.

Fragen die man sich stellen sollte:

  1. Kann und will ich die Pflege solch großer Mengen von Spiderlingen zeitlich bewältigen? Mit etwas Management, Equipment und Planung kann man zwar die hierfür nötige Zeit der Pflege auf ein erträgliches Maß reduzieren, ein paar Stunden wöchentlich muss man jedoch hierfür trotzdem einrechnen.
  2. Habe ich die nötigen Kontakte, Möglichkeiten und Logistik, die Vielzahl von Tieren an neue gute Halter weiterzugeben? Insbesondere stellt sich diese Frage natürlich bei Arten, die häufig und in großer Zahl auf dem Markt angeboten werden.
  3. Seid ihr zur Überzeugung gekommen, die Nachzucht trotz allem selbst wagen zu können und zu wollen, benötigt ihr zu eurem Männchen natürlich zwangsläufig ein geschlechtsreifes Weibchen derselben Art. Müsst ihr diese erst erwerben, um den adulten Bock zu verpaaren, ist es dann vielleicht doch besser, den Bock jemanden mit entsprechendem Background weiterzugeben?

Wenn ihr euch diese Fragen nicht positiv beantworten könnt, solltet ihr eher Abstand nehmen.

 

Hobbyzucht vs Zoofachhandel

 

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Die Nachzucht von Vogelspinnen liegt mir persönlich sehr am Herzen. Viele Jahre hatte ich die Haltung dieser Tiere aufgegeben, da es fast ausschließlich Wildfänge gab. Heute ist das Angebot der Hobbyzüchter immens, und durch das Medium Internet dürfte es (zumindest für den, der hier liest) kein Problem mehr sein, nachgezüchtete Tiere von Privat zu erwerben. Wer sich trotzdem schwer tut, über die Suchmaschinen Angebote außerhalb des Zoofachhandels zu finden, dem Rate ich einfach mal bei Facebook oder einem anderen sozialen Netzwerk einer Vogelspinnengruppe beizutreten. Wer diesen Seiten nicht vertraut, der kann auch nur ausschließlich mitlesen, es gibt ja keine Verpflichtung sich dort privat zu exhibitionieren. Letztendlich ist es ja in eigener Verantwortung was man dort schreibt oder persönlich preisgibt. Ausschließlich mitlesen schützt einem auch vor „Alleswissern“, die gern Neulinge anfeinden und niedermachen, da sie sonst kein Ventil für ihre sozialen Defizite haben. Wer dies trotz allem gar nicht möchte, wegen Bedenken in Bezug auf Diebstahl von allgemeinen persönlichen Daten, der schaue doch einfach nach privaten Vogelspinnenhomepages. In der Regel gibt es dort immer eine „Suche/Biete“ Rubrik. Vom Kauf im allgemeinen Zoofachhandel rate ich ab. Die Beratung hinsichtlich der Ansprüche der Vogelspinnenarten ist oft fachlich unzureichend bis komplett falsch. Oft wissen die Verkäufer nicht einmal wirklich, was für ein Tier dort gerade im Terrarium sitzt. Diese Fälle sind leider keine Ausnahmen! Weiterhin es geht dort nur um den möglichst umfangreichen Verkauf von Terrarien- und Einrichtungsprodukten, seien diese nun geeignet oder auch nicht. Die Preise für im Zoofachhandel angebotene Vogelspinnen sind üblicher Weise auch um ein Doppeltes oder ein Vielfaches höher als beim nicht kommerziellen Hobbyzüchter. Wenn ihr mit den Homepagebetreibern, welche Tiere anbieten, Kontakt aufnehmt, werdet ihr sicher zum größten Teil wesentlich besser beraten. Die meisten beantworten gerne offene Fragen zur Haltung von Arten, die sie gerade anbieten. Hier sollte man nicht schüchtern sein zu fragen und vielleicht auch einmal zu telefonieren. Wenn ihr trotzdem dort wider Erwarten auf wortkarge oder sonst euch nicht genehme Menschen trefft, gibt es genügend Alternativen. – Außerhalb des Kontaktes im Internet finden auch regelmäßig Terraristik Börsen in vielen größeren Städten statt. Dort solltet ihr ebenso Tiere von Hobbyzüchtern angeboten bekommen.

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