Kokon

Der Kokon

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(siehe hierzu auch die Rubrik „Häutung, Wachstum und Lebenserwartung“ das Kapitel „Wachstum und Lebenserwartung“)

Nach erfolgreicher Verpaarung werden im Weibchen Eier heranreifen. Nutzt diese Zeitspanne, um euer Tier nochmals ausgiebig und großzügig zu füttern. Ist der Kokon einmal fertig gestellt, nehmen nur noch wenige Tiere danach Nahrung auf. Je nach Art wird nach Wochen oder mehreren Monaten mit dem Kokonbau begonnen. Einige Arten benötigen allerdings zur Stimulation für das Heranreifen der Eier ein besonderes Klima, welches üblicherweise in ihren Habitaten vorherrschen würde und dort ein üppiges Nahrungsangebot für die Mutter, besonders aber für ihren Nachwuchs, sicherstellt. Bitte erkundigt euch deshalb ebenfalls darüber, ob die Art, die ihr nachzüchten möchtet, bezüglich des Klimas und der Nahrung spezielle Ansprüche stellt. Dabei kann eine Phase mit kühlerem, feuchterem oder trockenerem Klima nötig sein. Wenn alles zur Zufriedenheit des Muttertieres ist, sollte dem Bau des Kokons hoffentlich nichts mehr im Wege stehen. Üblicherweise spinnt sich das Muttertier hierfür in ihrer Wohnhöhle oder Röhre ein. Innerhalb des Gespinstes wird ein dichter Teppich zur Ablage der Eier erstellt, auf dem das Muttertier diese samt dem gespeicherten Samen des Männchens aus der Spermathek abgibt. Die Befruchtung geschieht also erst mit der eigentlichen Eiablage. Der Teppich wird nun weiter umsponnen und zum kugelförmigen Kokon gefertigt. Einige Arten fertigen einen stationären andere wieder einen transportablen Kokon, den sie bis zum Schlupf der Jungtiere mit sich herum tragen und somit allzeit optimal lagern können.  Im Kokon reift das befruchtete Ei der Spinne zuerst ins erste Stadium, einer sogenannten Prälarve, heran. In diesem Stadium erhalten die Eier einen Kopfansatz und Beine. Deshalb wird das Stadium auch „eggs with legs“ genannt. Die Larve ernährt sich weiterhin von dem Dotter in ihrem Hinterleib und häutet sich in ihr erstes und zweites Larvenstadium.

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„eggs with legs“

Im letzten Larvenstadium verlassen die Spinnen den schützenden Kokon und häuten sich in die erste Fresshaut (FH1), welches biologisch gesehen das erste Nymphenstadium ist. Die Tiere sind zu richtigen, wenn auch noch sehr winzigen, Vogelspinnen geworden und beginnen nun selbständig Beute zu machen. Hierzu verlassen sie dann die Gemeinschaft der Mutter und Geschwister. Dies ist auch gut so, denn langsam kennen alle beteiligten Tiere keine Verwandtschaft mehr. Man nennt diese Tiere nun in Halterkreisen auch Slings oder Spiderlinge.

Ihre weiteren Entwicklungsstadien bezeichnen VS-Halter als die Fresshäute. Also je Häutung Fresshaut eins (FH1), zwei (FH2) bis zum subadulten Stadium, womit eigentlich die letzte Häutung vor der Geschlechtsreife bezeichnet wird. Biologisch gesehen bleiben die Tiere allerdings Nymphen bis zum adulten Stadium, also mit Beginn der Geschlechtsreife. Richtigerweise ist also die Bezeichnung: erstes Nymphenstadium, zweites usw. (N1, N2 usw.).

Das Zeitigen des Kokons

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Muss der Kokon entnommen werden?

In unserer Hobbyzucht können wir den Kokon vor dem Schlüpfen der Larven entnehmen und den Kokon später selber öffnen (Zeitigen). Der optimale Zeitpunkt ist je nach Haltungsbedingungen und Art variabel, liegt aber in der Regel zwischen sechs und acht Wochen. Bitte erkundigt euch vorher nach den Erfahrung mit der betreffenden Art. Das Zeitigen dient zur Risikominimierung für den Kokon, von der Mutter noch gefressen zu werden. Auch vermeidet man so, mehrere Hunderte von Jungspinnen im Terrarium zu haben. Dies mag ja auf den ersten Blick ganz nett erscheinen, aber man bedenke, diese Tiere müssen auch sehr bald wieder entnommen und vereinzelt werden. Ist das Terrarium gut eingerichtet, gibt es für den winzigen Nachwuchs überall beste Versteckmöglichkeiten. Will man wirklich gründlich alle Jungtiere entnehmen, hat man ein großes Problem. Mit frühzeitiger Wegnahme des Kokons kann man solche Jagdaktionen und Herumhantieren im Terrarium vermeiden, bei der man üblicherweise die gesamte Einrichtung verwüstet. Die gesamte Neueinrichtung des Terrariums mit Auslagerung des Muttertieres steht im schlimmsten Falle danach an.

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“Bei Muttern”

Trotzdem besteht natürlich auch die Möglichkeit, den Kokon bei der Mutter zu lassen und im Terrarium auf den Schlupf der Jungtiere zu warten. Hierbei muss selbstverständlich sichergestellt werden, dass die Spiderlinge nicht aus dem Terrarium entweichen können. Bei nur Millimeter großen Nachkommen geschieht so etwas schneller als man denkt! Lüftungsgitter, Kabelschächte oder ein kleinster Spielraum zwischen Tür und Scheiben können einem dabei zum Verhängnis werden. Das Terrarium muss also entsprechend untersucht und abgedichtet werden. Silikon und Fliegengaze leisten einem dabei gute Hilfe. Vorteil bei dieser der Natur entsprechenden Methode ist, dass der Mutterinstinkt der Spinne befriedigt wird. Die Wegnahme des Kokons kann doch zu sehr unerwartet heftigen Reaktionen des Tieres führen, die sich nicht lediglich auf Gegenwehr und anschließender Gereiztheit beschränken. Ich erinnere mich an ein Tier, welches stundenlang im Terrarium panikartig überall nach dem Kokon suchte. Dies war wirklich ein sehr unschönes Erlebnis, bei dem ich mich mehr als nur mies gefühlt habe. Ich habe deshalb versucht, ihr einen Bällchen aus Küchenpapier unterzuschieben. Sie erkannte aber sofort meinen Betrug und suchte ruhelos weiter. Viele Stunden später fügte sie sich in ihr Schicksal und nahm das Papierbällchen als Trostspender kurzfristig an. Ließ es aber dann doch immer wieder liegen und begann phasenweise immer wieder erneut mit der Suche. Dies ging noch während der ganzen Nacht bis zum nächsten Tag so weiter. Erst dann beruhigte sich das Tier langsam wieder. – Diese Reaktion hatte ich nicht erwartet und ist mir damals schwer auf den Magen geschlagen. Welches Vorgehen ihr nun bevorzugt, bleibt wieder einmal euch überlassen. Ich halte es so, den Kokon nach einer Erstverpaarung zu entnehmen und dann je nach Reaktion des Tieres bei einer weiteren Verpaarung eventuell bei der Mutter zu belassen. Das Risiko, einmal wieder erneut in die geschilderte Situation zu kommen, besteht somit für mich weiterhin.

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 Vereinzeln der Nachkommen

Um das Vereinzeln der Nachkommen kommt man nicht herum, egal für welche Methode man sich entscheidet. Sicherheitshalber sollte man dies bereits ab dem ersten Nymphenstadium tun. Mit diesem sind die Tiere auf eigene Nahrungsaufnahme und Suche angewiesen (siehe auch die Rubrik „Wachstum und Lebenserwartung“). Für die Mutter ist mit der Häutung der Larven in das Nymphenstadium ihre Pflicht erfüllt und das Band zu den Nachkommen löst sich. Geschwister untereinander kennen auch nicht sehr lange verwandtschaftliche Bindungen. Dass Geschwister sofort übereinander herfallen, sobald sie selbst eigene Nahrung aufnehmen können, habe ich jedoch auch noch nicht erlebt. Trotzdem kann ich keine Garantie dafür übernehmen, dass es bei euch nicht dazu kommt! Ich habe die Erfahrung gemacht, bei ausreichendem Nahrungsangebot können sich die Nymphen erst einmal aus dem Wege gehen. Es kann sogar sein, dass Tiere sich in Trauben von mehreren Dutzend während der ersten Stadien zusammen finden.

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Aber nochmals, alles kann, nichts muss! Wenn es bei euch zum gegenseitigen großen Fressen kommt, macht mich nicht dafür verantwortlich! – Sicher ist: Es besteht auf jeden Fall langfristig die Gewissheit, zwar mit zeitlichen Unterschieden und auch je nach Art mit unterschiedlich stark ausgeprägter Tendenz, dass die Geschwister irgendwann zur potenziellen Nahrungsquelle werden. Wer also auf Nummer sicher gehen will, und dies tut ja jeder verantwortungsvolle Spinnenhalter, wird die Tiere sobald sie in das Nymphenstadium gelangen sofort vereinzeln. 😛

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 Wie wird der Kokon entnommen?

Ein Kokon wird üblicher Weise zwischen der sechsten bis achten Woche entnommen. Der Mutter den Kokon zu klauen ist nichts für schwache Gemüter. Man bewaffne sich mit einer sehr langen Futterpinzette, mit der man das Bällchen vorsichtig an der äußersten Seidenschicht ergreift. In der Regel hängt die Mutter dann noch am anderen Ende daran 😉 , wenn es sich nicht wie bei einigen Arten um einen stationären Kokon handelt. Nun beginnt ein vergnügliches Tauziehen zwischen Spinne und Halter, das man mit viel Gefühl und geeignetem Zug langsam aber beherzt für sich entscheiden sollte. Wenn das Tier verliert, kann dieses gerne mal zum Angriff übergehen. Ziemlich sicher passiert dies bei einem stationären Kokon, den das Tier mit allen Mitteln verteidigen wird. Also seid vorsichtig oder überlasst dies einem erfahrenen Spinnenhalter. Es ist oft bereits schwierig, in der Wohnhöhle oder im Gespinst an den Kokon zu gelangen, denn er liegt im Terrarium sicher nicht auf dem Präsentierteller. – Auf jeden Fall wünsche ich euch viel Spaß!

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Öffnen des Kokons/Zeitigen

Ist dieser Schritt getan und der Kokon ist nun in euren Besitz übergegangen, wird er unmittelbar danach geöffnet (gezeitigt). Man ergreift wieder mit einer kleinen Pinzette den äußeren Rand des Seidenbällchens und schneidet diesen sehr vorsichtig mit einer kleinen Schere äußerlich ein. Danach kann man schon den ersten kleinen Blick auf den Inhalt erhaschen. Danach zieht man das Seidensäckchen unter Zuhilfenahme einer zweiten Pinzette an den Rändern des Einschnitts vorsichtig auseinander. Man findet entweder Eier oder Prälarven bzw. Larven vor. Diese müssen nun in einen vorbereiteten Inkubator verbracht werden. Wie man sich einen solchen baut, beschreibe ich im nächsten Abschnitt.